Liebe Yanomami-Freunde,
im letzten Jahr ist alles rund gelaufen! Wir können auf ein erfolgreiches Jahr 2012 zurückblicken.
Anna Ballester hat zusammen mit den Yanomami und mit der finanziellen Unterstützung unserer Yanomami-Hilfe e.V. eine wunderschöne Urwaldschule in Poraquequara aufgebaut. Als ich sie Anfang letzten Jahres mit fünf großen Kisten voller Schulmaterial besuchte, war ich begeistert von der Idylle, die sie dort im abgelegenen Urwald mit der Schule und den kleinen Gästehäusern aufgebaut hat. Sie hatte gerade 30 Yanomami-Frauen aus den Yanomami-Dörfern des Rio Marauias zu einem 14-tägigen Gesundheitskurs eingeladen. Es wurde Anhand von Anschauungsmaterial über Ernährung und Naturheilkunde gesprochen, über Hygienemaßnahmen und Präventionen bei Fehlernährung.
Meine Befürchtung, dass der CD-Recorder mit großem Bildschirm, den ich aus Manaus mitgebracht hatte, negative Wirkungen auf die Yanomami ausüben könnte, bewahrheitete sich nicht. Im Gegenteil. Anna hatte sich diese Geräte gewünscht, um den Yanomami ausgewählte Filme zeigen zu können.
So sahen wir abends Filme über die Geschichte Brasiliens, über das bedrohte Leben der Xingu-Indianer, über das Leben von Chico Mendes, der als Kämpfer für die Kautschukzapfer umgebracht wurde, über das Leben von Dona Flores, einer Frau, die auf der Müllhalde in Manaus lebt und weitere Filme über Umweltkatastrophen und Klimaveränderungen. Mit großem Interesse schauten sich die Yanomami diese Filme bis Mitternacht an. Den Strom lieferte eine kleine Solaranlage verbunden mit drei Batterien.
Für mich war es unglaublich, dass ich mit meinem kleinen USB-Stick den Yanomami-Frauen den Dia-Vortrag zeigen konnte, den ich hier in Deutschland an Schulen über die Yanomami und den Regenwald halte.
Sie konnten es nicht glauben, dass ich auf einem selbstgebauten Bambusfloß über den Atlantik gefahren war, um auf die Landrechte der Indianer aufmerksam zu machen.
über die Folgen der Goldsucherinvasion Ende 1990 und der eingeschleppten Krankheiten, der Quecksilbervergiftungen und der verheerenden Waldzerstörungen im Yanomamigebiet von Roraima waren viele nicht informiert und zeigten sich schockiert, als sie die Bilder sahen.
Alle waren sich einig: So etwas darf nicht mehr passieren! Die Yanomami-Frauen diskutierten über ihre Zwistigkeiten untereinander und dass es wichtig sei, die Streitigkeiten zu lassen, um sich gemeinsam zu organisieren. Sie wollen es nicht länger hinnehmen, dass einige wenige Häuptlinge zu Kriegen anstiften. Die Frauen der Häuptlinge werden auf ihre Männer einwirken, damit keine unnötigen Stammesfeindlichkeiten entstehen.
Alle Yanomami-Frauen bedankten sich bei Anna für den informativen Kurs.
unsere Krankenstation. Beide arbeiten gewissenhaft und zuverlässig. Wenn jemand an Malaria erkrankt, wird er sofort behandelt, damit keine weiteren Yanomami infiziert werden. Mir fiel auch auf, dass alle Yanomami Moskitonetze benutzen, die nachts vor der gefährlichen Malariamücke schützen.
Danach fuhr ich mit zwei Yanomami im Kanu den Marauia hoch über 4 Stromschnellen bis Ixima, wo wir vor 15 Jahren unsere erste Krankenstation aufgebaut haben. Es war nach meinem letzten Besuch vor fünf Jahren ein herzliches Wiedersehen. Sofort wurde eine Versammlung abgehalten und ich musste über meine Arbeit in Venezuela berichten. über Sprechfunk hatten sie erfahren, dass ich dort Schwierigkeiten mit dem Militär bekommen hatte.
Auf meine Frage nach den Erkrankungen in Ixima verkündete Carlito mir stolz, dass sie seit einigen Jahren alle Krankheiten Dank der Krankenstation im Griff haben. Carlito leitet seit zehn Jahren zusammen mit seinem jüngeren Bruder Mauricio.
Doch jetzt nach 15 Jahren musste die Krankenstation dringend renoviert werden. Der Putz fiel von den Wänden, das Dach war an einigen Stellen undicht und die Wasserrohre im Haus und die Abflussrohre außer Haus mussten ersetzt werden. Auf die kleine Yanomami-Schule hinterm Dorf war ein Baum nach einem Unwetter niedergekracht und hatte ein riesiges Loch ins Dach gerissen, wo nun der Regen ungehindert reinregnen konnte.
So versprach ich den Yanomami zurückzukommen, um die Krankenstation mit der Schule zu renovieren, sobald ich genügend Geld in Deutschland zusammen bekommen würde.
Dafür mussten die Yanomami ihre Mithilfe bei den Renovierungsarbeiten zusagen, was sie sofort freudig taten.
Spendenaktionen für die Yanomami
Am 18. März 2012 rief der Missionsausschuss Niedernberg unter dem Motto „Wandern für die Andern“ zum 14. Niedernberger Solidaritätsmarsch auf. Der Erlös durch den Marsch und den Verkauf von Gemüseeintopf ging an ein Projekt von Pater Erich in Uruguay und an unsere Yanomami-Hilfe e.V.
Im Frühjahr veranstaltete der engagierte Lehrer Ulrich Wandt mit seinen Schülern der Maria Ward Schule in Altötting den jährlichen Solidaritätsmarsch für Hilfsprojekte in Afrika, Asien und Lateinamerika. Einen beachtlichen Teil spendeten sie wieder für die Yanomami!
Nach einem Vortrag an der Privatschule Düsternbrook in Kiel, beschloss Max mit seinen Mitschülern während der Kieler Woche einen Stand für die Yanomami zu organisieren. Es wurde ein voller Erfolg. Die Besucher genossen neben leckeren selbstgebackenen Kuchen mit Kaffee den herrlichen Blick auf die Ostsee.
Im Sommer gestalteten meine Mitarbeiterin Heike Pries und ich eine informative, bilderreiche Yanomami-Umwelt-Ausstellung. BINGO! Die Umweltlotterie und die Sparkasse Mittelholstein in Rendsburg finanzierten die Gestaltung und den Druck der sechs Rollup-Stellwände.
In Thüringen auf dem 15. Weltsicht-Dia-Festival, wo ich einen Vortrag hielt, fand diese Ausstellung großes Interesse bei den Besuchern, die sich anschließend noch weiter informieren wollten.
Ein herzliches Dankeschön von den Yanomami in Amazonien sende ich an Action Medeor.
Das deutsche Medikamentenhilfswerk aus Tönisforst spendete lichtstarke Solar-Lampen für die Yanomami-Krankenstationen und Schulen am Rio Marauia. Sie wurden von Deutschland nach Santa Isabel per Fracht geschickt, wo ich sie dann im Kanu mitnahm und vor Ort in den Dörfern verteilte.
Renovierung der Krankenstation in Ixima im Herbst 2012
Im September 2012 brachte ich zwei Tonnen Baumaterial, Werkzeuge, Fliesen, Wasserrohre, 40 Kilo Schrauben und Nägel, zehn große Kanister Farbe und 20 Säcke Zement per Schiff über den Rio Negro von Manaus nach Santa Isabel. Anschließend ging es mit vollbeladenen Kanus in zwei Tagen den Urwaldfluss hoch bis nach Ixima.
Zusammen mit Carlinho aus Santa Isabel, der damals 1997 die Krankenstation mit aufgebaut hatte, seinem Helfer Sandoval und zehn tatkräftigen Yanomami aus Ixima wurde die Krankenstation in einem Monat komplett saniert.
Teile des Daches von der Krankenstation und der Schule mussten repariert werden. Morsche, von Termiten befallende Holzbalken und Stützen wurden ausgetauscht. Während Carlinho das neue Holz aus dem Wald sägte, verputzte Sandoval die Löcher in den Wänden der Krankenstation von innen und außen. Die Yanomami strichen die Wände, Fenster und Türen, verlegten Wasserrohre und bauten eine neue Sickergrube.
Während der Arbeiten versorgten uns die anderen Yanomami aus Ixima täglich reichlich mit Fleisch und Fisch. Es gab Delikatessen wie Wildschwein mit Maniok, Krokodil mit gekochten Bananen, Tapirfleisch und Mutum mit geröstetem Maniokmehl, Gürteltier, gegrillte Piranhas und Fischsuppe mit Surubi, einem besonders gut schmeckenden Wels.
Nach den Renovierungsarbeiten feierten wir ein Fest und alle freuten sich, das die Krankenstation wieder sauber und neu wie aus dem Ei gepellt da stand. Unser Boot Marliese, das die Schüler der Lehrerin Marliese Hirsch von der Regionalschule Wörth beim Bau der Krankenstation spendeten, ließ ich in Santa Isabel schweißen. Trotz sorgsamer Pflege in diesen vielen Jahren hatte es einige Löcher im Bug und im Heck bekommen.
Nach der erfolgreichen Renovierungsarbeit verließ ich meine Freunde in Ixima mit einem Gefühl der Zufriedenheit gemischt mit Abschiedsschmerz. Sie fragten mich: “Wann kommst Du wieder?“
Bevor ich nach Deutschland zurückflog, hielt ich an mehreren Universitäten in Rio Vorträge. Das Interesse bei den Carioca-Studenten war sehr groß, eine finanzielle Unterstützung für die Yanomami blieb jedoch aus. In Brasilien gibt es noch keine Spendenbereitschaft für bedrohte indigene Völker, wie hier in Deutschland oder in anderen Ländern. Aber ich gebe die Hoffnung nicht auf: Was noch nicht ist kann noch werden.
Die Yanomami in Venezuela
Seit einigen Jahren leiten junge, venezolanische ärzte, die in Cuba Medizin studiert haben, die Krankenstationen im Yanomamigebiet von Alto Orinoko. Sie arbeiten im Urwald mit großem Engagement und oft unter schwierigen Umständen.
Leider haben im südöstlichen Teil Venezuelas im Orinokoquellgebiet nur 30% der Yanomami Zugang zur medizinischer Versorgung. Es fehlen weitere Krankenstationen und Sprechfunkgeräte, damit sich die Yanomami untereinander verständigen können.
Bei der Verbreitung von tödlichen Epidemien oder beim Eindringen von Goldsuchern ist es wichtig, dass die Yanomami sofort Hilfe per Funk anfordern können. Dr. Raidan Bernabé, der neue Direktor für Indigene des Gesundheits-ministeriums in Caracas, teilte mir mit, dass in diesem Jahr eine Krankenstation in Delgado Chalbaud nach meinen schon vor zwei Jahren gemachten Plänen aufgebaut werden soll. Wir werden genau beobachten, ob diesen Worten auch Taten folgen!
Seit der Erkrankung von Präsident Chavez ist die politische Situation unklar. Es gibt nicht nur von Seiten der Regierung sondern auch beim Militär große Vorbehalte gegenüber Ausländern. Bei meinem letzten Besuch in Puerto Ayacucho konnte ich in der „Höhle des Löwen“ vor General Zamprano erklären, dass ich die Yanomami im Orinokogebiet lediglich unterstützen möchte und keine Agentin des amerikanischen Sicherheitsdienstes sei.
Ery Yaki Yaki, unser junger Yanomami-Schüler in Esmeralda, wird in diesen Tagen wieder nach Delgado Chalbaud zurückfliegen. Er konnte die allgemeinbildende Schule in Esmeralda nicht abschließen, da er als Yanomami-Dolmetscher immer wieder ärzte im Urwaldgebiet begleiten musste und dadurch viel Unterricht verpasste. Seit über zwei Jahren hat er seine Familie nicht mehr gesehen und vermisst sie und seine Freunde sehr. Nun freut er sich, bald wieder dort zu sein und als bereits ausgebildeter Krankenpfleger in seinem Dorf zu arbeiten.
Weltkulturerbe für die Yanomami
Im letzten Gespräch in Boa Vista zeigte sich Davi Kopenawa von der Yanomami-Organisation Hutukara nicht abgeneigt von der Idee, die Kultur der Yanomami unter das UNESCO Weltkulturerbe zu stellen. Es würde nicht nur einen Schutz ihrer einzigartigen Kultur schaffen, sondern könnte auch die Erhaltung des Regenwald in ihrem angestammten Gebiet bewirken. Für die Sicherheit der 257 Yanomami-Dörfer im brasilianischen Gebiet bittet Davi Kopenawa mit seiner Organisation um 70 Sprechfunkgeräte mit Solaranlage, damit bei Gefahren die Yanomami sofort Hilfe anfordern können. „Das Sprechfunkgerät ist für uns die einzige Kontaktmöglichkeit mit der Außenwelt“, betont Davi.
Annas Schul- und Bildungsprojekt
Wir möchten Annas Schul- und Bildungsprojekt in Poraquequara mit einem regelmäßigen monatlichen Beitrag unterstützen, damit sie ihre Kurse für die Yanomami-Frauen und Männer sicher planen und durchführen kann. Neben bildungspolitischen Kursen möchte sie auch Fortbildungskurse für die Yanomami-Krankenpfleger und Lehrer anbieten.
Aufgrund der notwendigen Renovierung unserer Krankenstation in Ixima blieb im letzten Jahr der umfangreiche Förderantrag beim Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) unvollendet. In diesem Jahr werden wir einen Förderantrag für Annas Projekt beim BMZ und bei Stiftungen vorlegen, um hoffentlich weitere finanzielle Unterstützung zu bekommen.
Sobald sich die politische Situation in Venezuela entspannt hat und eine klare politische Führung zu sehen ist, möchte ich für die Yanomami in Venezuela weitere medizinische Hilfe aufbauen und die neugegründete Yanomami-Organisation Horonami in Puerto Ayacucho unterstützen.
Danksagung
Ganz herzlich bedanke ich mich bei allen Mitgliedern der Yanomami-Hilfe e.V., die mit ihren regelmäßigen Beiträgen unsere Arbeit unterstützen!
Wir wollen die Yanomami gegen die Bedrohung von Außen stärken, sodass sie lernen, selbst ihre Rechte zu vertreten, um ein selbstbestimmtes und gesundes Leben führen zu können.
Vielen Dank für Eure Unterstützung und alles Liebe und Gesundheit!
Eure