Blumenthal, Januar 2024
Liebe Yanomami-Freunde,
es gibt sehr viel Positives vom letzten Jahr 2024 zu berichten.
Nach einem Vortrag im vorletzten Jahr in Garda bekam ich Kontakt zu Sofia Koverich, einer jungen Italienerin, die mich im letzten Jahr zu den Yanomami begleitete. Mit einem brasilianischen Arbeiterteam und den Yanomami von Pukima wollten wir gemeinsam mit dem Bau einer weiteren Krankenstation beginnen.
Viele Jahre hatte der Häuptling Hepolito um eine Krankenstation gebeten, damit die brasilianischen Krankenhelfer kontinuierlich für die medizinische Versorgung in seinem Dorf bleiben.
Diesmal hatte ich keine Probleme mit zwei Sprechfunkgeräten beim Einreisezoll am Flughafen von Rio. Im Gegenteil. Der junge Zollbeamte, der schon von den Yanomami gehört hatte, wünschte mir alles Gute und viel Glück bei den Arbeiten im Wald.
In Manaus begann wie immer die Arbeit mit dem Kauf des Baumaterials, Kettensäge, Werkzeuge, Nägel, Schrauben, Dachmaterial und ausreichend Proviant für zwei Monate. Ich zeigte Sofia zunächst den schönen alten, lebendigen Hafen von Manaus, bevor wir dann die notwendigen Sachen für das Projekt in den kleinen Läden einkauften, die ich seit vielen Jahren kenne. Beim Dachmaterial entschied ich mich für rote Pfannen, die aus recycelten Plastikflaschen hergestellt werden, leicht, rustikal und schön.
Über 40 Kisten und Kartons wurden in den tiefen Frachtraum des Amazonasschiffes Gênesis gepackt. Das Dachmaterial transportierte ein Frachtkahn über den Rio Ngro nach Santa Isabel. Durch die ungewöhnlich langanhaltende Dürreperiode hatte der Fluss wenig Wasser. Viele Sandbänke ragten aus dem Wasser, die eine sichere Navigation erschwerten. In Santa Isabel wurden wir herzlich empfangen von den Yanomami des Rio Marauías und Alberta, der Leiterin der Gesundheitsbehörde SESAI.
Es dauerte einige Tage, bis wir ein gutes einheimisches Arbeiterteam in der Umgebung fanden, die mit uns für 2 Monate im Urwald arbeiten wollten. Es kamen mit der alte Jarbas, Edeval und die beiden Brüder Gilson und Lucas.
Da der Urwaldfluss Marauía mit seinen 4 starken gefährlichen Stromschnellen wegen der extremen Trockenheit nach Pukima kaum befahrbar war, bekamen wir von Alberta das tolle Angebot mit unserem Baumaterial und dem Gepäck per Buschflugzeug ins Yanomamigebiet hereinzufliegen. Was für eine wertvolle Unterstützung von Seiten der brasilianischen Gesundheitsbehörde! Noch nie hatte ich eine solche große Unterstützung erhalten.
Kurz vor Abflug beschlossen Sofia und ich ein kleines Starlink-Gerät mitzunehmen. Diese Internetantenne, die über Satelliten funktioniert, sollte uns in Notfällen die Möglichkeit geben, Hilfe von außerhalb anzufordern. Wir vereinbarten, das Internet nur für die Arbeit zu nutzen.
Mit Hepolito besprach ich den Bau der Krankenstation anhand des Bauplanes. Die Krankenstation sollte eine Größe von 12 m x 13 m haben, ausreichend für Behandlungs- und Mikroskopierraum, Küche, Bad, Lagerraum, zwei Räumlichkeiten für das Pflegepersonal und eine breite gemütliche Terrasse für die Hängematte. Sie sollte die gleichen Maße haben wie unsere Krankenstation in Mavaquita im venezolanischen Orinokogebiet, da sich dort alles gut bewährt hatte.
Fertigstellung der 4.ten Krankenstation
Sofia war an allem interessiert und hatte sofort guten Kontakt mit allen. Schon nach einer Woche konnte sie sich mit den Brasilianern fließend auf Portugiesisch unterhalten, sie ist ein Sprachgenie.
Im Yanomami-Dorf Marauía sah ich, dass man dort im letzten Jahr unsere Krankenstation von Papiú Kayanau exakt nachgebaut hatte. Später erfuhr ich von der Gesundheitsbehörde in Boa Vista, dass auch das Yanomami-Dorf Amajari solch eine Krankenstation bekommen hat. Wie schön!
Es freut mich, wenn meine Arbeit und meine Ideen für weitere Krankenstationen übernommen werden.
Die Arbeiten in Pukima verliefen super.
Die Yanomami waren sehr motiviert mitzuhelfen und zeigten den Arbeitern die Bäume im Wald, die sich ideal für den Bau der Krankenstation eigneten. Mühselig war die Vorbereitung des Bauplatzes. Was vorher noch als dichter Urwald am Rande des Dorfes stand, musste nun mit Kettensäge und Macheten gerodet werden. Zur Säuberung gehörte auch das Entfernen der Wurzeln, damit nicht irgendwann aus der Krankenstation ein Baum herauswächst.
Mit dem ersten gesägten Holz wurde das Grundgerüst gebaut, danach das Dach gedeckt und darunter das weitere gesägte Holz zum Trocknen hochkant aufgestellt. Die Yanomami versorgten uns zwischendurch immer wieder mit Fisch und Wild. Während der Bauzeit schliefen wir im Runddorf in unseren Hängematten neben den Yanomami-Familien.
Das Arbeiterteam der Infra (Ministerium für Infrastruktur) von Francisco Cardoso aus Boa Vista, sollte nach unserer Abreise mit dem getrockneten Holz die Wände hochziehen und
einfache Türen und Fenster einbauen. Auch das klappte bestens. Für die Krankenstation wurde eine Wasserfilterpumpenanlage installiert, die mit Solarenergie funktioniert. Fantastisch. Die Krankenstation bekam sogar noch einen schönen grünen Anstrich von innen und außen!
Am letzten Tag erwischte mich leider noch eine Malaria mit hohem Fieber, Schüttelfrost und starken Gelenkschmerzen.
Ich wollte es erst nicht wahrhaben, aber Marciel der Yanomami-Mikroskopist von Pukima, nahm eine Blutprobe und stellte fest, dass ich mich infiziert hatte.
Er gab mir sofort Medikamente, die ich einnahm.
Ich war so schwach, dass ich auf der Rückfahrt wie ein toter Fisch im Kanu lag.
Als wir wieder in Manaus waren brach leider bei Sofia auch eine Malaria aus mit starken Kopfschmerzen und Fieber. Ich fuhr mit ihr sofort ins Tropenkrankenhaus, wo sie gleich behandelt wurde.
Es stellte sich heraus, dass das Dach der Krankenstation nicht tief genug an den Seiten war. Bei starkem Niederschlag mit viel Wind drang Wasser an den Außenseiten rein.
Es waren also noch Verbesserungen nötig, die ich für Ende des Jahres plante. Außerdem fehlten noch einige Möbel,Tische, Bänke und Regale.
Geplant hatte ich, diese Restarbeiten im Herbst zusammen mit Marcão zu erledigen.
Er ist der erste Yanomami im Amazonasgebiet, der mit einer Kettensäge umgehen kann. Ich kenne ihn als kleinen Jungen aus Ixima, der keine Lust auf Schule hatte, sondern lieber beim Bau unserer ersten Krankenstation mithalf.
Doch schon wenige Wochen nach der Rückreise aus Brasilien bekam ich auf einer Vortragsreise in Italien erneut einen heftigen Malariaschub mit 39 Grad Fieber, Schüttelfrost, starken Gelenkschmerzen und Erbrechen. Meine Hausärztin war besorgt und riet mir dringend davon ab, wieder ins Yanomamigebiet zu gehen. „Es bestünde die Gefahr, dass mein Körper nach dieser achten Malaria eine Resistenz gegenüber den Medikamenten entwickelt hat. Ich solle jetzt auch mal an meine Gesundheit denken.“
Als ich dies Sofia mitteilte, bot sie sich sofort an, die letzten Arbeiten zusammen mit Russ, einem jungen geschickten Handwerker aus Nebraska, zu erledigen. Ich war froh und zugleich entspannt, weil ich wusste, dass Sofia diese Aufgabe meistern wird. Sie kann gut organisieren, denkt kreativ mit und hatte auf der letzten Reise schnell und viele Kontakte bekommen. Jeder mochte sie.
Bericht von Sofia Koverich
„The trip to visit theYanomami is long, winding and against the current, yet when we arrived I felt the connection with the people was both strong and naturally simple.
The work was demanding and required a lot of our attention and constant focus on problem solving but despite this, everyday we carved some time to dance and sing with the Yanomami of Pukima Beira who enjoyed it very much and were always asking for more.
There is a lot we can learn from the Yanomami, and there is a lot they wish to learn from us as well, overall it has been a beautiful and synergetic experience. Both us and theYanomami left hoping to spend even more memories together.“
Bericht von Russ Cubrich
I feel deeply grateful for the opportunity to support the Yanomami, working to complete the construction of the new healthcare station.
We were received very kindly by the xapono of Pukima Beira and by the end of our time there, I really felt like a member of the community.
Our days were full and busy but there were also many moments to enjoy the beauty of the rainforest and life in the xapono. Bathtime in the river was a highlight of each day. I brought a banjo and enjo- yed playing songs for children and adults. Sofia and I did many little performances with song and dance. The Yanomami liked it so much.
There were some nice moments for me to teach a little about carpentry work, showing the older boys how to use a hand saw properly.
I loved experiencing the flow of life in the xapono, seeing the animals and fish the Yanomami hunted, the fruits and planted they foraged and grew, and their knowledge of the rainforest.
Mit einem Mini Starlink, der auch im allerletzten abgeschiedenen Urwaldwinkel funktionierte, hatte ich täglich Kontakt mit den beiden und konnte Ihnen bei Problemen und Fragen zur Arbeit gleich Ratschläge geben.
Auf dem Einweihungsfest im Januar hielt Hepolito eine lange emotionale Dankesrede, die mich sehr berührt hat. Sofia und Russ schickten mir kleine Videos vom Fest und den fröhlich tanzenden Yanomami in der neuen Krankenstation.
Das nächste Projekt
Drei Dörfer am Rio Marauia baten mich, ob wir von der Yanomami-Hilfe e.V. für sie Sprechfunkgeräte anschaffen können mit Solaranlage und Batterie. Auch wenn schon in einigen Dörfern das Internet über eine Starlink-Antenne von Elon Musk funktioniert, dürfen wir uns nicht von ihm abhängig machen. Wenn Musk aus irgendeinem Grund die Satelliten abstellt, dann haben viele Menschen kein Internet mehr. Das haben die Yanomami erkannt.
Ein Sprechfunkgerät funktioniert immer und ist für die Kommunikation und die Sicherheit der Dörfer sehr wichtig. Außerdem braucht man für ein Sprechfunkgerät keine monatlichen teuren Benutzungsgebühren zu bezahlen.
Liebe Freunde der Yanomami-Hilfe e.V.
Nur mit eurer finanziellen Unterstützung konnten wir vor Ort dieses Projekt aufbauen. Baumaterial, Werkzeuge, Dachmaterial, Sprechfunkgeräte, Solaranlagen, Batterien und die Gehälter der Arbeiter, all das kostet Geld und es wird leider auch in Brasilien von Jahr zu Jahr teurer.
Hiermit möchte ich mich herzlich bedanken bei allen treuen Freundeskreis-Mitgliedern unserer Yanomami Hilfe e.V., die mir mit ihren Beiträgen Planungssicherheit geben, so wie bei allen Einzelspendern, Unterstützern, Firmen, Organisationen und Schulen.
Einzelspendern und Unterstützern der Yanomami-Hilfe e.V.
Dr. Elisabeth Albert, Helmut Barthel, Wolfgang Baumüller und Regina Häusler, Margot Bausewein, Kerstin Bensch, Kathrin Beutin, Friedhilde und Rolf Brandt, Sabine und Fritz Bremer, Petra und Jörg Bonin, Rudolf Brunner, Andree Drees, Andrea Fischer-Bickert und Stefan Bickert, Gesche Felgentreff, Monika Maria Gernert, Andreas Gruber, Ferdinand Guttenberg, Angelika Heinsen, Jan Henselder, Veronica Huber, Simon Huber, Johanna Hutmacher, Sinje Kätsch, Hans Hinrich Kahrs, Mirjam Keck, Monika Kienass, Christian Kotte, Henning Köhlert, Christhard Kotte, Francesco Kovarich, Wolfgang Krieger, Dagmar und Bodo Kuhnhenn, Elfi und Volker Lindner, Alexander Mater, Julia Melzner, David Muchau, Michi und Marianne Müller, Jens und Anna Otto, Elfriede Pabst, Markus Pfeifer, Eva Piest, Ricarda Quick, Ute Rafflenbeul-Dormeyer, Frieder Riedel, Jens Riepen, Anne- Katrin Roever-Plagmann, Katrin v. Scheven und Tom Avsic, Giesela Schmieder, Jasmin Seddigh-Raig und Dr. Wolfgang Raig, Herbert und Marion Strauss Barthel, Alessandro Rocco und Fatma, Matthias Uphus, Dietmar Volkers und Dagmar Olsen, Claudia und Ulrich Wandt, Desireé Woinowski-Guggenmoos, Familie Weber, Gela Weyer, Wolfgang Zierke, Beate Ziethen.
Die Firmen, Organisationen und Vereine
Eine Welt Kreis aus Mehring, Bayern
Friends of Hihiri Pipiri Hillsboro, USA
Lebensraum Regenwald e.V. von Roland Zeh, Nürnberg Lions Club Ingelheim e.V.
Midas Pharma GmbH, „Run for Charity“, Ingelheim Maria-Ward-Schule Solidaritätslauf, Altötting,
Montessori Schüler der Jugendstufe, Kuchenverkauf, Nürnberg
Nordseeschule Sankt Peter Ording, Klasse 5b
Realschule Eberbach, Klasse 6 a
Sonnenwasser e.V. von Fritz Strohecker, Strande
Thorsten Görgens GmbH, Köln
Wortwechsel Verlag von Ulrike Steffen, Neumünster
Wie geht es weiter?
Ich werde meine Arbeit für die Yanomami noch nicht an den Nagel hängen, auch wenn ich mit 66 Jahren seit September 2024 offiziell in „Altersrente“ gehen kann.
Ich freue mich, wenn ich für die Yanomamiarbeit vor Ort Unterstützung bekomme.
Meine Vorträge an Schulen und die Abendveranstaltungen in Deutschland und weltweit möchte ich weiterhin halten. Besonders sind die Schüler an anderen Lebensformen interessiert, trotz ihrer geliebten Smartphones, mit denen sie täglich sehr viel Zeit digital im Internet verbringen.
In diesem Monat plant die Yanomami-Organisation Kurikama vom Rio Marauía in Pukima eine große Versammlung, die wir mit der Yanomami-Hilfe e.V. unterstützen. Gemeinsam werden sie über ihre Probleme sprechen, Lösungen suchen und Briefe an Ministerien in Brasilia schreiben. Diese Treffen sind für die Yanomami sehr wichtig, weil sie spüren, dass sie nur zusammen als Gruppe etwas für ihre Rechte erreichen können.
Schlusswort
Liebe Yanomami-Freunde gemeinsam haben wir es geschafft schnell und effektiv eine weitere Krankenstation im Urwald aufzubauen.
Ich glaube, dass wir in dieser heutigen Zeit neben all den schrecklichen Kriegen und Zerstörungen etwas Sinnvolles aufgebaut haben.
Vielen Dank an Sofia und Russ, die spontan die restlichen Arbeiten vor Ort erledigt haben! Muito obrigadissmo.
Ich wünsche euch allen ein friedliches und entspanntes Jahr 2025.
Mit dankbaren Grüßen
Yanomami-Hilfe e.V., Hökerberg 1, 24241 Blumenthal, Telefon 0 43 47 – 70 81 34
E-Mail: office[at]yanomami-hilfe.de, Internet: www.yanomami-hilfe.de
Sparkasse Mittelholstein, IBAN DE 08 2145 0000 0003 3882 28